Die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen im Online-Handel mit Frankreich
Sie sind ein deutsches Unternehmen, möchten in Zukunft über einen Online-Shop ihre Waren nach Frankreich verkaufen und fragen sich, in welchem Land sie Umsatzsteuer abführen müssen? Dieser Artikel soll Ihnen einen ersten Überblick darüber verschaffen, wie Sie die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen einhalten.
Zunächst ist bei Warenlieferungen von einem in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union für die umsatzsteuerliche Beurteilung danach zu unterscheiden, ob die Lieferung an einen steuerpflichtigen Unternehmer (B to B) oder an einen Endverbraucher (B to C) getätigt wird.
B to B
Innergemeinschaftliche Lieferungen, also Lieferungen eines Unternehmers eines Mitgliedstaats an einen Unternehmer eines anderen EU-Mitgliedstaats, sind gem. § 4 Nr. 1b Umsatzsteuergesetz (UStG) grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit, sodass das Reverse-Charge-Verfahren Anwendung findet.
Achten Sie jedoch darauf, dass Sie auf der Rechnung sowohl Ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als auch die des Leistungsempfängers vermerken. Zusätzlich muss Ihre Rechnung einen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung (z.B. „steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 4 Nr. iVm § 6a UStG) enthalten, §§ 14, 14a UStG. Da es sich bei dieser Hinweispflicht um eine deutsche Vorgabe handelt, muss diese Klausel nicht zwangsläufig in die Sprache des Leistungsempfängers übersetzt werden. Für Lieferungen nach Frankreich könnten Sie die Klausel „livraison intracommunautaire exonérée TVA“ benutzen.
Des Weiteren empfehlen wir Ihnen, Ihrer „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ nachzukommen und die USt-IdNr. des Empfängers der Leistung bei dem Bundeszentralamt für Steuern überprüfen zu lassen, da Sie als lieferndes Unternehmen im Falle einer nicht korrekten USt-IdNr. mit einer empfindlichen Steuernachzahlung rechnen müssen.
B to C
Grundsätzlich müssen Sie die Umsatzsteuer, die auf Ihre Lieferungen anfällt, an das deutsche Finanzamt abführen. Bei grenzüberschreitenden Lieferungen an Verbraucher innerhalb der EU gilt dieser Grundsatz jedoch nur beschränkt.
Nach der sogenannten Versandhandelsregelung haben Sie als Unternehmer, der an einen Verbraucher in einem anderen EU-Mitgliedstaat liefert, unter gewissen Voraussetzungen die Umsatzsteuer in das Land abzuführen, in das die Lieferung erfolgt. Maßgeblich dafür sind die sogenannten Lieferschwellen, die gemäß § 3c Abs. 3 UStG den „Gesamtbetrag der Entgelte, bis zu dem die Lieferungen mit der Steuer des Abgangslandes abgerechnet werden können“ bezeichnen; Sie können also als Unternehmer bei Lieferungen an Privatpersonen bis zu einer gewissen Umsatzhöhe (Lieferschwelle) die Umsatzsteuer nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz in Rechnung stellen und abführen.
Sobald Sie als Unternehmer die länderweise unterschiedlichen Lieferschwellen im Bestimmungsland überschreiten, müssen Sie sich jedoch umsatzsteuerlich registrieren lassen und mit der Umsatzsteuer dieses Bestimmungslandes abrechnen (sogenannte Versandhandelsregelung). In Frankreich liegt die Lieferschwelle momentan bei 35.000 € (weitere Infos).
Die umsatzsteuerliche Registrierung haben Sie vorzunehmen, sobald ersichtlich ist, dass Sie die Schwelle von 35.000 € überschreiten werden. Ausschlaggebend ist dabei der Netto-Umsatz der importierten Waren. Ihnen steht es jedoch frei, sich auch schon bevor Sie die Schwelle überschritten haben in Frankreich umsatzsteuerrechtlich registrieren zu lassen und dort Umsatzsteuer abführen.
Beispiel
Ein deutscher Unternehmer liefert Anfang 2020 Waren an Verbraucher in Frankreich im Wert von insgesamt 34.900 €. Diese Umsätze kann er mit deutscher Umsatzsteuer abrechnen.
Führt der Unternehmer im November 2020 eine weitere Lieferung aus und überschreitet er damit die Grenze von 35.000 €, so muss er sich ab diesem Zeitpunkt in Frankreich umsatzsteuerrechtlich registrieren lassen und seinen Umsatz mit französischer Umsatzsteuer abrechnen. Der Umsatzsteuersatz liegt in Frankreich momentan bei 20 %.
Sofern Sie die Lieferschwelle von 35.000 € in einem Jahr überschritten haben, so müssen Sie alle folgenden Lieferungen dieses Kalenderjahres und des nachfolgenden Kalenderjahres in Frankreich versteuern.
Beispiel
Sofern Sie zum 01.11.2020 die Lieferschwelle nach Frankreich überschreiten, müssen Sie alle Lieferungen, die Sie im November und Dezember 2020 tätigen, nach dem in Frankreich geltenden Steuersatz versteuern. Selbst, wenn Sie im Jahr 2021 die Schwelle nicht überschreiten, müssen Sie dennoch für das Jahr 2021 die Umsatzsteuer an das französische Finanzamt abführen. Erst ab dem 01.01.2022 können Sie Ihre Lieferungen nach Frankreich – sofern Sie die Schwelle im Jahr 2021 nicht überschritten haben –wieder in Deutschland versteuern.
Verzichten Sie auf die Anwendung der Versandhandelsregelung, so sind Sie an Ihre Entscheidung für zwei Kalenderjahre gebunden.
Versand über Online-Plattformen
Da die Betreiber von Online-Plattformen seit dem 01. Januar 2019 für nicht bezahlte Umsatzsteuer haftbar gemacht werden können, müssen Sie als Händler den Online-Plattformen eine Bescheinigung gemäß §22f UStG abgeben, in der Sie versichern, dass Sie in Deutschland registriert sind und ordnungsgemäß Steuern abführen.
Möchten Sie also auf Plattformen wie Amazon oder Ebay als Händler verkaufen, so trifft Sie die Pflicht, die Bescheinigung nach § 22f UStG anzufordern und diese an den jeweiligen Marktplatzinhaber weiterzuleiten.
Neue EU-Umsatzsteuerregeln ab 2021
Die Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten haben am 05.12.2017 neue Umsatzsteuerregeln für den E-Commerce beschlossen, die bis zum 01.01.2021 von den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollten. Diese Frist ist aufgrund der Corona-Pandemie zunächst auf den 01.07.2021 verschoben, es ist aber recht wahrscheinlich, dass diese erneut verschoben wird auf den 01.01.2022.
Nach den neuen Umsatzsteuerregeln fallen die nationalen Lieferschwellen weg und es wird eine EU-weite Lieferschwelle in Höhe von 10.000 € eingeführt, sodass für Händler bei B2C-Lieferungen deutlich früher die Pflicht besteht, die Umsatzsteuer im Bestimmungsland abzuführen. Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass Händler ab 2021 ausländische Umsatzsteuer auf Versandhandelsumsätze über eine zentrale Anlaufstelle, einen One-Stop-Shop (OSS), abführen können sollen. Für Sie als Händler soll der One-Stop-Shop die bürokratische Erleichterung bringen, dass Sie sich nicht mehr in jedem Land einzeln umsatzsteuerrechtlich registrieren lassen müssen.